Ackergifte nein danke

Es geht auch ohne.

Warum es so wichtig ist, auf Ackergifte zu verzichten

Wir sind zu 100 Prozent Bio. Und das heißt unter anderem, dass wir auf den Einsatz aller chemisch-synthetischen Pestizide, Fungizide und weiterer Ackergifte verzichten. Dafür gibt es handfeste Gründe in puncto Umweltschutz, Erhalt der Artenvielfalt und unser aller Gesundheit – und zudem berührt das Thema grundlegende Fragen, wie wir als Gesellschaft wirtschaften wollen und wer für Umweltschäden aufkommt.

Aber der Reihe nach.

Zentral ist ein Gedanke: Als Biolandwirte sind wir der Überzeugung, dass wir der Natur zurückgeben müssen, was wir ihr durch den Anbau von Kulturpflanzen entnehmen. Alles andere ist nicht nachhaltig mit Blick auf kommende Generationen. Mit steigendem Ertragsdruck hat sich jedoch im konventionellen Anbau der einfache, aber eben nicht nachhaltige Weg durchgesetzt, entnommene Nährstoffe durch synthetische Dünger zu ersetzen und Schädlinge mit Ackergiften zu bekämpfen.

Der konsequente Verzicht darauf und die Erwirtschaftung von Erträgen auf natürliche Weise sind essenzieller Bestandteil des Ökolandbaus – aber noch mehr. Er ist eine Haltung, die zum Schutz unserer Erde und ihrer Artenvielfalt beiträgt und auf einem Geben und Nehmen beruht.

Natürliche Anbauweisen, die viel Know-how erfordern, jedoch ohne Ackergifte auskommen, sind wichtiger Bestandteil es ökologischen Landbaus.

Ackergifte und ihre Auswirkungen heute

Ackergifte und Pestizide haben eine deutlich negativere Bilanz, als es auf den ersten Blick erscheint. Ihre Nutzung führt zu einer signifikanten Reduktion der Artenvielfalt, was langfristig das natürliche Gleichgewicht unserer Ökosysteme stört. Das Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V. (BEL), dem wir auch als Unterstützer angehören, hat einige Zahlen zusammengetragen, die deutlich zeigen, dass die Substanzen direkt und indirekt für ein massives Artensterben verantwortlich sind.

So sind derzeit 94 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Europa durch mehr als einen Wirkstoff kontaminiert[1] – in Deutschland sind 1.913 Pestizidprodukte zugelassen und auf 40 Prozent aller Flächen werden hierzulande jährlich 4.000 Tonnen Glyphosat gespritzt. Mit dramatischen Auswirkungen: Weltweit sind von acht Millionen Tier- und Pflanzenarten eine Million vom Aussterben bedroht[2]. In Deutschland gelten sogar knapp ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten als bedroht. Alarmierend auch der Rückgang der Vogelbestände und Fluginsekten: seit 1980 reduzierten sich die Vogelbestände um fast 80 Prozent[3], während die Biomasse der Fluginsekten in den Jahren von 1989 – 2016 um 76 Prozent sank[4].

Die Bewegung “Ackergifte nein danke” repräsentiert ein gemeinschaftliches Engagement für eine nachhaltige Landwirtschaft. Diese Initiative, unterstützt von Bio-Landwirt*innen, Verbraucher*innen und Umweltschützern*innen, setzt sich gegen den Einsatz von Ackergiften und Pestiziden in der Landwirtschaft ein. Ihr Ziel ist es, das Bewusstsein für die negativen Auswirkungen solcher Chemikalien auf die Umwelt, die Artenvielfalt und die menschliche Gesundheit zu schärfen. Die Bewegung fördert den ökologischen Landbau, der auf natürliche Weise Erträge erzielt und die natürliche Vielfalt unserer Ökosysteme schützt.

Risiken und Nebenwirkungen werden ignoriert

Die Zusammenhänge sind vielfach belegt: Pestizide töten nicht nur gezielt Schädlinge, sondern auch nicht-zielgerichtet Arten, was zu einer erheblichen Reduktion der Biodiversität führt. Diese Substanzen haben auch einen direkten Einfluss auf die Gesundheit und Lebensfähigkeit von Bestäubern wie Bienen.

Darüber hinaus führt die Verwendung von Ackergiften zur Veränderung der Bodenstruktur und -qualität, was wiederum Auswirkungen auf die dort lebenden Mikroorganismen hat. Diese Veränderungen beeinträchtigen die natürliche Fruchtbarkeit des Bodens und können zur Erosion und Verarmung des Bodens führen. Auch das ist der Grund, warum wir Jahr für Jahr weltweit 10 Millionen Hektar fruchtbaren Boden verlieren[5] – und warum unsere Böden bei Flut- und anderen Umweltkatastrophen immer weniger Halt bieten.

Ökologischer Landbau: Eine Alternative

Durch den Verzicht auf chemische Pestizide und Ackergifte schützen und fördern wir die Artenvielfalt im ökologischen Landbau. Stattdessen setzen wir auf natürliche Schädlingsbekämpfungsmethoden und fördern durch Fruchtfolgen und Mischkulturen ein gesundes Ökosystem.

Häufig kommt in dem Zusammenhang die Frage auf, wie der ökologische Landbau ohne chemische Substanzen dennoch ertragsstark sein kann. Die Antwort liegt in der sorgfältigen Pflege des Bodens und der Anwendung von natürlichen Düngemitteln, die die Bodenfruchtbarkeit und -struktur verbessern. Zudem tragen gesunde, artenreiche Ökosysteme zu einer natürlichen Schädlingsbekämpfung bei und unterstützen somit die Pflanzengesundheit und -produktivität.

 
Dein Einkauf leistet einen Beitrag

Je mehr Menschen ökologisch erzeugte Lebensmittel kaufen und deren Wert für unsere Umwelt und den Erhalt unseres Ökosystems erkennen, desto mehr Flächen werden ökologisch bewirtschaftet. Deshalb ist deine Entscheidung für Bio-Produkte nicht nebensächlich – sie leistet einen wichtigen Beitrag.

 

Faktenquelle und -recherche: Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V.

[1] Tang, F.H.M., Lenzen, M., McBratney, A. et al. Risk of pesticide pollution at the global scale. Nat. Geosci.14, 206–210 (2021). https://doi.org/10.1038/s41561-021-00712-5 [2] Globaler Bericht des Weltbiodiversitätsrats der UN (IPBES): https://www.ipbes.net/global-assessment [3] https://www.helmholtz-klima.de/planetare-belastungs-grenzen [4] Habel, J.C., Segerer, A., Ulrich, W., Torchyk, O., Weisser, W.W. and Schmitt, T. (2016), Butterfly community shifts over two centuries. Conservation Biology, 30: 754-762. https://doi.org/10.1111/cobi.12656 [5] https://www.umweltbundesamt.de
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Bilder: Ökokiste e.V. / Lotta Karotta Biolieferservice

Petition: Glyphosat-Verbot jetzt!

 

Dieses Jahr haben wir die Chance, dass Glyphosat in der gesamten EU verboten wird. Denn die EU-Zulassung läuft diesen Dezember aus. Im Herbst werden die EU-Mitgliedstaaten darüber abstimmen, ob das Totalherbizid weiter zugelassen wird – trotz bedenklicher Auswirkungen auf Umwelt, Artenvielfalt und Gesundheit.

Fordere jetzt von der deutschen Bundesregierung, gegen die erneute EU-Zulassung zu stimmen und sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass Glyphosat endlich vom Acker kommt!

 

Hintergrund-Infos zu Glyphosat

 

Wird Glyphosat in Deutschland ab 2024 nicht sowieso verboten? 

Die deutsche Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag festgelegt, Glyphosat bis Ende 2023 in Deutschland vom Markt zu nehmen. Doch noch ist unklar, ob ein nationales Anwendungsverbot überhaupt in Einklang mit dem europäischen Recht stehen kann, sollte Glyphosat dieses Jahr auf europäischer Ebene erneut zugelassen werden. Das lässt die deutsche Bundesregierung aktuell rechtlich prüfen. In anderen EU-Ländern, wie z.B. Luxemburg ist ein nationales Glyphosat-Verbot aufgrund fehlender Rechtsgrundlage bereits gescheitert. Unter anderem deshalb ist es essenziell, dass Deutschland auch auf EU-Ebene gegen die weitere Genehmigung von Glyphosat stimmt. Denn nur im Fall eines EU-weiten Verbots ist der Ausstieg in Deutschland rechtssicher.

Welche Folgen hat Glyphosat auf die Umwelt und Artenvielfalt? 

Glyphosat hat massive Auswirkungen auf Umwelt und Artenvielfalt. Die Studie zur Pestizidbelastung der Luft zeigt, dass sich Glyphosat über die Luft in ganz Deutschland verbreitet. So gelangt es auch in Städte und Naturschutzgebiete – weit abseits von Äckern. 

Das Herbizid belastet unsere Böden und schädigt dort unter anderem die für die Bodengesundheit wichtigen Regenwürmer, wie eine Studie des österreichischen Forschungsteams BOKU zeigt. Und auch für unsere Gewässer ist Glyphosat eine Gefahr. Denn laut der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) ist es als „giftig für Wasserlebewesen“ eingestuft. Besonders Amphibien reagieren äußerst sensibel auf glyphosathaltige Pestizide: Es stört ihre embryonale Entwicklung und gefährdet so das Überleben von Kaulquappen

Indirekt belastet das Unkrautvernichtungsmittel ebenfalls die biologische Vielfalt, denn als Totalherbizid tötet Glyphosat flächendeckend alle Wildpflanzen ab, die auf dem Acker wachsen. So gefährdet es nicht nur die pflanzliche Vielfalt, sondern auch die der Tiere, die an diese Ackerlebensräume gebunden sind – insbesondere Insekten und Vögel. 

Zahlreiche Bestäuber und Insekten schädigt Glyphosat zudem auch direkt. Eine aktuelle Studie zeigt, dass glyphosathaltige Pestizide massive Auswirkungen auf Insekten haben, wenn diese das Ackergift über die Nahrung aufnehmen. Zudem beweisen zahlreiche Studien die schädlichen Auswirkungen von Glyphosat auf Bienen, welche in einem aktuellen Bericht von PAN Europe zusammengefasst werden. 

Ist Glyphosat schädlich für unsere Gesundheit?

Bereits 2015 stufte die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ ein. Seitdem gibt es zahlreiche Studien, die auf einen Zusammenhang zwischen Glyphosat und Krebs hindeuten. Aktuelle Studien bringen das Ackergift zudem mit der Parkinson-Krankheit in Verbindung. 

Die BEL-Studie zur Pestizidbelastung der Luft zeigt außerdem, dass Glyphosat sich überall in unserer Atemluft befindet – egal, ob wir in Städten oder ländlichen Gebieten wohnen. Welche Auswirkungen die Aufnahme von Glyphosat und anderen Pestiziden über die Lunge auf unsere Gesundheit hat, ist aktuell noch unerforscht. Bei Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt tötet es Studien zufolge jedoch im Darm Bakterien ab, die eigentlich für unsere Verdauung wichtig sind. 

Ebenso erschreckend: Fast alle Deutschen haben bereits Glyphosat im Körper. Das konnte das BEL mittels des Citizen-Science-Projekt Urinale im Jahr 2015 nachweisen, indem es über 2.000 Urinproben auf Glyphosat-Rückstände untersucht hat.

Wie läuft die Wiederzulassung von Glyphosat ab? 

Aktuell ist Glyphosat in der EU bis zum 15. Dezember 2023 genehmigt. Voraussichtlich im Juli 2023 wird die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ihre Schlussfolgerung zur Risikobewertung von Glyphosat vorlegen. 

Nach Abschluss dieser Prüfung legt die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag über die weitere Genehmigung oder Nicht-Genehmigung von Glyphosat vor, über den die EU-Mitgliedsländer dann im zuständigen Ausschuss (SCoPAFF) abstimmen. Die Abstimmung wird voraussichtlich Herbst dieses Jahres stattfinden.

Bei der Abstimmung ist eine qualifizierte Mehrheit der Mitgliedstaaten nötig. Das heißt konkret: Stimmen auf europäischer Ebene mindestens 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die zusammen mindestens 65 Prozent der europäischen Bevölkerung repräsentieren, gegen die Wiederzulassung, wird das Totalherbizid auf europäischer Ebene verboten. Allein Deutschland und Frankreich repräsentieren zusammen fast 34 Prozent der europäischen Bevölkerung. Deshalb ist eine starke Stimme Deutschland gegen die Wiederzulassung bei der kommenden Abstimmung enorm wichtig.

Geht es auch ohne Glyphosat?

Dass es auch ohne Glyphosat geht, beweisen Millionen Bio-Bäuer*innen und -Bauern auf der ganzen Welt tagtäglich – mit Erfolg! Sie verwenden weder Glyphosat, noch andere chemisch-synthetische Pestizide und setzen stattdessen auf Fruchtfolgen, Nützlinge und mechanische Unkrautbekämpfung.

Ein neuer Bericht von PAN Europe zeigt detailliert, dass es für alle bekannten Hauptanwendungen von glyphosathaltigen Herbiziden wesentlich sicherere, nicht-chemische Alternativen gibt. Der Bericht zeigt auch Maßnahmen auf, wie der Übergang zu einer glyphosatfreien Landwirtschaft auch wirtschaftlich tragfähig ist.

Wer Bio kauft, unterstützt damit also eine Landwirtschaft, die kein Glyphosat und andere chemisch-synthetische Pestizide nutzt, und kann so dazu beitragen, den Einsatz von Glyphosat endlich zu stoppen! 

 

Bilder: BEL Bündnis für eine enkeltaugliche Landwirtschaft e.V. / Verband Ökokiste e.V.