Ökolandbau

Profi-Tipps fürs Bio-Gärtnern

Es geht wieder los, die ersten Sonnenstrahlen zeigen sich und damit fällt der offizielle Startschuss ins Gartenjahr. Ins Bio-Gartenjahr, versteht sich. Denn auch zu Hause im heimischen Garten, im Gemeinschafts- oder Kleingarten und sogar im ganz kleinen Maßstab auf dem Balkon kann nach ökologischen Grundsätzen gegärtnert werden.

Heiner Hannen vom Lammertzhof in Kaarst erklärt: „Wir Bio-Landwirte verzichten auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel. Eine pflanzengerechte Standortwahl, abwechslungsreiche Anbauplanungen und der Einsatz von Nützlingen bilden die Basis des ökologischen Pflanzenschutzes. Außerdem verwenden wir widerstandsfähige, an den Standort angepasste Pflanzen. Das erhält die regionale Vielfalt und schützt bedrohte Arten. So erwachsen ökologische Flächen zu vielfältigen Biotopen.“

Feld mit roten und grünem Salat

Bodengesundheit, Vielfalt, Standortwahl – wichtige Grundsätze im Ökolandbau.

Wir geben euch einige ganz praktische Tipps von den Ökokisten-Profis, mit denen ihr auch euer Fleckchen Erde ein Stück ökologischer gestalten könnt.

Natürlich düngen

Eins ist klar, im Ökolandbau – ob im großen Stil oder im ganz kleinen – sind Mineraldünger tabu. Stattdessen stellt man lieber seinen eigenen Dünger her, etwa indem man Küchen- und Gartenabfälle kompostiert. Mit dem zeitweisen Anbau von Leguminosen wie Kleegras oder Luzerne führt man dem Boden auf natürliche Weise Stickstoff zu.

Johannes Kaufmann, Geschäftsführer bei der Ökokiste Kößnach, und seit Jahren Öko-Hobby-Gärtner, verrät sein Profi-Know-how: „Ein Geheimtipp unter den natürlichen Düngemitteln sind Schafwollpellets. Schafwolle, häufig ein Abfallprodukt, wird zu Pellets gepresst, die als Langzeitdünger 5-6 Monate wirken. So muss ich nur einmal pro Saison düngen! Die Pellets sind für alle Pflanzenarten geeignet, speichern sehr viel Wasser und sorgen für eine Auflockerung des Bodens sowie eine Verbesserung des Bodenlebens. Da viele Schafe zur Landschaftspflege eingesetzt werden und so oder so Wolle anfällt, kann damit eine bereits vorhandene Ressource sinnvoll verwendet werden. Das finde ich daran am besten!“

Johannes Kaufmann, Geschäftsführer bei der Ökokiste Kößnach kümmert sich auch in seiner Freizeit mit Hingabe um seinen Bio-Garten.

Bio-Saatgut und Bio-Pflanzen verwenden

Achtet bereits beim Saatgut- und Pflanzenkauf auf die Bio-Zertifizierung. Dabei müssen es nicht immer die Standard-Sorten sein: Gerade im eigenen Bio-Anbau lohnt es sich, auch mal alte und seltene Sorten anzupflanzen und so die Diversität zu fördern. Viele Ökokisten-Betriebe bieten im Frühjahr Setzlinge, Pflänzchen und Saatgut an – schaut doch mal nach.

Die Standortwahl spielt zudem eine wichtige Rolle. Stimmen Licht, Feuchtigkeit und Bodengegebenheiten, wird die Pflanze robust gegen Krankheiten.

Bodenleben und Humusgehalt fördern

Für ein ausgeglichenes Bodenklima und Nährstoffe in der Erde sollte man ganzjährig die Bodenoberfläche abdecken – „mulchen“, wie es in der Fachsprache heißt. Dazu eignet sich etwa Stroh, Laub oder Ähnliches. Johannes Kaufmann hat hier sein eigenes Rezept: „Ich mulche meine Gemüsepflanzen immer mit Rasenschnitt. Den braucht man nur gut trocknen oder man gießt ihn mit effektiven Mikroorganismen, das reduziert die Schimmelbildung. Danach einfach locker auf der Erde um die Pflanzen verteilen. Der Rasenschnitt verringert die Verdunstung, bringt Stickstoff in die Erde ein und verringert das Beikrautwachstum. Weniger gießen, weniger Unkraut jäten – das freut doch jede*n Hobbygärtner*in!“

Außerdem: Bei der Bodenbearbeitung immer schonend vorgehen, nie den zu nassen Boden grubbern.

Torf gehört im Übrigen ins Moor und nicht in den Garten. Hier verwendet ihr besser Komposterde und andere torffreie Kultursubstrate. Beim Erde-Kauf lohnt sich ein Blick auf die Verpackung, ob auch wirklich kein Torf enthalten ist. So schützt ihr Moorlandschaften und das Klima.

Die Ernte: verdienter Lohn für den/die Bio-Gärtner*in

Vielfältig anbauen

Durch Anbaufolgen und eine bunte Mischkultur haltet ihr den Nährstoffgehalt im Boden ausgewogen. Und wie überall gibt es auch bei Pflanzen gute und weniger geeignete Nachbarn.

Nützlinge fördern

Schädlinge hält man am besten mit Nützlingen im Zaum, deshalb sollte man ihre Anwesenheit im Bio-Garten unterstützen, etwa durch Nisthilfen, Winterquartiere und vor allem den Anbau vieler verschiedener heimischer Pflanzenarten. Pflanzen mit ungefüllten Blüten liefern Nektar für bestäubende Wildbienen und andere Insekten. So wie die Profi-Bio-Gärtner*innen Blühstreifen zwischen die Kulturpflanzungen einplanen, könnt ihr auch als Hobby-Gärtner kleine Bienenparadiese schaffen.

Ein simpler, aber wirkungsvoller Tipp: Zur Gießkanne greift ihr am besten morgens. Zumindest nicht am Abend, denn das ist eine Einladung für alle Nacktschnecken zum Buffet. Schädlingsbekämpfung der einfachsten Art.

Klein anfangen, Erfahrungen sammeln!

Auch wenn am Beginn des Gartenjahrs die Euphorie groß ist, empfiehlt es sich doch, klein anzufangen und zu schauen, was sich bewährt. Karin Bauer von der Ökokiste Kößnach rät zu einer guten Portion realistischer Planung: „Meistens lohnt ein kurzer Moment des Nachdenkens bei der Planung. Oft wird zu viel eingepflanzt und ‘zu groß’ gestartet. Wer schon einmal eine Zucchinipflanze im Garten hatte, kennt das: Der Ertrag einer Pflanze reicht quasi für die ganze Nachbarschaft, was also, wenn man zwei gepflanzt hat? Mein Tipp daher: lieber mit kleinen Mengen starten! Das verhindert, dass auf einmal zu viel Ernte anfällt. Außerdem schafft man so Spielraum, auch einmal Einzelpflanzen oder besondere Samen zu testen. Dann kann man mit Spannung beobachten, welche Sorten im eigenen Beet gut klarkommen – und welche eben auch nicht.“

Öko-Boden: Da ist Leben drin!

Das eigentliche Kapital des Ökobauern ist sein Boden. Ihn gilt es zu hegen und zu pflegen, um die Nährstoffe zurückzugeben, die man ihm durch den Anbau von Marktfrüchten und Kulturpflanzen entnimmt. Es gehört zu den Grundlagen des Ökolandbaus, den Boden als eigenen Organismus zu betrachten. Wir haben Andreas Backfisch, Inhaber des Ökokistenbetriebes Lotta Karotta und Gärtner bei der zugehörigen Gärtnerei aufs Feld begleitet und uns den Tatsachen des Bodens gestellt. 

Mann mit Schaufel und Kisten auf Feld

Andreas Backfisch ist Ökobauer, Gärtner und Mit-Inhaber der Ökokiste Lotta Karotta in Gleichen bei Göttingen.

Wieviel Leben in dem Boden, auf dem wir stehen, wirklich steckt, zeigt eine einfache Gleichung aus dem Biolandbau: In der Regel ernährt ein Hektar Land zwei Kühe, die darauf grasen. Diese beiden Kühe wiegen zusammen etwa 1.400 Kilogramm. Was man nicht sieht: Unter ihnen, im Boden, befindet sich ungefähr die gleiche Masse tierischen Lebens. „Der Boden ist ein eigener Organismus, kein Trägerstoff, aus dem man man rausholt, was geht, sondern eine Welt für sich. Ihn zu erhalten und zu pflegen, ist eine unserer essenziellen Aufgaben als Biobauern“, so Andreas Backfisch.

Guter Boden ist fruchtbar

Spricht man im Bioanbau von „gutem“ Boden, so meint man einen fruchtbaren Boden, der reichlich Wasser aufnehmen und die Pflanzen auch über längere Zeiträume mit Nährstoffen versorgen kann. Ist die Bodenfruchtbarkeit hoch, steigt auch die Widerstandsfähigkeit in Krisenzeiten – wie etwa bei der Wasserknappheit der letzten Jahre. Ein gesunder Boden setzt dem eine höhere Nährstoffdichte und Wasserspeicherkapazit entgegen als ein ausgelaugter Acker. Auf einem gesunden Boden wachsen gesunde Pflanzen. Deshalb ist Bodenfruchtbarkeit eines der wichtigsten Anliegen im Biolandbau.

Wurzel-Check: Leguminosen wie das Kleegras binden mithilfe von Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft. Die Bakterien erzeugen in manchen Wurzelbereichen kleine Knöllchen.

Wellness für den Bio-Acker

Ökologische Bodenpflege beruht auf dem alten Prinzip von Geben und Nehmen. „Was wir dem Boden durch den Anbau unserer Früchte an Nährstoffen entnehmen, geben wir ihm wieder zurück. Wir ernähren nicht die Pflanze an sich, sondern den Boden, auf dem sie gedeiht und dem sie ihre Nährstoffe entnimmt.“ Das funktioniert vor allem über Fruchtfolgen, bei denen sich humusaufbauende und -zehrende Jahre die Waage halten.

Aufbauend wirken so genannte Leguminosen, etwa Luzerne oder Kleegras. Diese Tiefwurzler sind quasi die Aufbaukur für den Boden: Sie binden den Luftstickstoff und bauen ihn in den Boden ein, schließen Bodenphosphate auf, die so für andere Pflanzen leichter verfügbar sind, und schaffen durch ihre langen Wurzeln eine Verbindung in tiefere Bodenschichten. „Die dicken Wurzeln werden mit der Zeit hohl und bilden ein regelrechtes Wasser-Abführsystem in die Tiefe. Außerdem bringen sie Nährstoffe aus den tiefen Schichten nach oben. Das ist die Verbindung des fruchtbaren Oberbodens in die Tiefe hinein“, erklärt Andreas Backfisch. „Bei uns im Gemüseanbau haben wir momentan einen Sechsjahresrhythmus, jeweils drei Jahre Leguminosen, dann wieder drei Jahre verschiedene Gemüsesorten. Wie man da genau vorgeht, ist von Biobauer zu Biobauer sehr individuell, das hängt auch von den angebauten Früchten ab. Manche Sorten brauchen fünf bis sechs Jahre andere Früchte, bis sie erneut am selben Standort gesund angebaut werden können.“

Humusreiche Böden als Ziel

Im besten Falle hat sich am Ende eines Fruchtfolgezyklus der Humusgehalt vergrößert. Andreas Backfisch hat es sich zum Ziel gesetzt, am Ende eines Fruchtfolgezyklus mehr Humus im Boden haben als vorher. Denn mehr Humus heißt: mehr Nährstoffe und mehr Wasseraufnahme.

Gern gesehener Gast im Ökolandbau: der Regenwurm

Und selbstverständlich mehr CO2-Bindung. Das Thema spielt gerade bei Lieferbetrieben wie den Ökokistlern eine wichtige Rolle. Andreas Backfisch etwa sieht in einem vermehrten Humusaufbau die Chance, innerbetrieblich verursachte CO2-Emissionen zu kompensieren.

Gern gesehen: Der Regenwurm

Bei der Bodenpflege gibt es einen wichtigen Verbündeten, den Regenwurm. Er steht sinnbildlich für einen fruchtbaren Boden. Leben auf einem Acker ausreichend Regenwurm-Populationen, graben sie ihn im Laufe eines Jahres einmal komplett um. Und nicht nur das: Regenwürmer schaffen eine wichtige Verbindung aus Mineralischem und Organischem, indem sie beides fressen und wieder ausscheiden. Regenwurmkot ist unbezahlbar für einen Bio-Acker, weil er sehr regenstabil ist und dabei viel Wasser aufnimmt. Sind viele Regenwürmer da, geht es dem Boden gut. Backfisch: „Wirklich fruchtbar wird dein Boden nur, wenn du es schaffst, genügend Regenwürmer zu etablieren.“

Die Mühe wert

Bodenpflege ist viel Arbeit und erfordert jede Menge Expertise. Aber sie ist unumgänglich für einen nachhaltigen Anbau. Herbizide, Pestizide, aber auch Kunstdünger greifen massiv in die symbiotische Boden-Pflanzen-Beziehung ein. Chemische Schädlingsbekämpfungsmittel sorgen dafür, dass die Kulturpflanze stehen bleibt, alles andere töten sie ab. Die Diversität verarmt, im Boden und darauf. Mit Kunstdüngern versucht man, die Bodenpflege, das Geben und Nehmen, schlicht zu umgehen: Die Pflanzen können Nährsalze aufnehmen, ohne ihre Wurzeln in der Erde danach „strecken“ zu müssen – letztlich geht das sogar in Substraten wie Steinwolle oder Kokosmatten. Mit ernüchterndem Ergebnis: Die Pflanze wächst zwar sehr viel schneller, allerdings lagert sie vor allem Wasser ein – erkennbar an Geschmack und Textur der Frucht. Der Ertrag steigt, doch die Qualität verarmt. Ganz zu schweigen von der Diversität bei Pflanzen, Tieren und Organismen.

Bilder: Ökokiste e.V.