Öko-Boden: Da ist Leben drin!

Das eigentliche Kapital des Ökobauern ist sein Boden. Ihn gilt es zu hegen und zu pflegen, um die Nährstoffe zurückzugeben, die man ihm durch den Anbau von Marktfrüchten und Kulturpflanzen entnimmt. Es gehört zu den Grundlagen des Ökolandbaus, den Boden als eigenen Organismus zu betrachten. Wir haben Andreas Backfisch, Inhaber des Ökokistenbetriebes Lotta Karotta und Gärtner bei der zugehörigen Gärtnerei aufs Feld begleitet und uns den Tatsachen des Bodens gestellt. 

Mann mit Schaufel und Kisten auf Feld

Andreas Backfisch ist Ökobauer, Gärtner und Mit-Inhaber der Ökokiste Lotta Karotta in Gleichen bei Göttingen.

Wieviel Leben in dem Boden, auf dem wir stehen, wirklich steckt, zeigt eine einfache Gleichung aus dem Biolandbau: In der Regel ernährt ein Hektar Land zwei Kühe, die darauf grasen. Diese beiden Kühe wiegen zusammen etwa 1.400 Kilogramm. Was man nicht sieht: Unter ihnen, im Boden, befindet sich ungefähr die gleiche Masse tierischen Lebens. „Der Boden ist ein eigener Organismus, kein Trägerstoff, aus dem man man rausholt, was geht, sondern eine Welt für sich. Ihn zu erhalten und zu pflegen, ist eine unserer essenziellen Aufgaben als Biobauern“, so Andreas Backfisch.

Guter Boden ist fruchtbar

Spricht man im Bioanbau von „gutem“ Boden, so meint man einen fruchtbaren Boden, der reichlich Wasser aufnehmen und die Pflanzen auch über längere Zeiträume mit Nährstoffen versorgen kann. Ist die Bodenfruchtbarkeit hoch, steigt auch die Widerstandsfähigkeit in Krisenzeiten – wie etwa bei der Wasserknappheit der letzten Jahre. Ein gesunder Boden setzt dem eine höhere Nährstoffdichte und Wasserspeicherkapazit entgegen als ein ausgelaugter Acker. Auf einem gesunden Boden wachsen gesunde Pflanzen. Deshalb ist Bodenfruchtbarkeit eines der wichtigsten Anliegen im Biolandbau.

Wurzel-Check: Leguminosen wie das Kleegras binden mithilfe von Knöllchenbakterien Stickstoff aus der Luft. Die Bakterien erzeugen in manchen Wurzelbereichen kleine Knöllchen.

Wellness für den Bio-Acker

Ökologische Bodenpflege beruht auf dem alten Prinzip von Geben und Nehmen. „Was wir dem Boden durch den Anbau unserer Früchte an Nährstoffen entnehmen, geben wir ihm wieder zurück. Wir ernähren nicht die Pflanze an sich, sondern den Boden, auf dem sie gedeiht und dem sie ihre Nährstoffe entnimmt.“ Das funktioniert vor allem über Fruchtfolgen, bei denen sich humusaufbauende und -zehrende Jahre die Waage halten.

Aufbauend wirken so genannte Leguminosen, etwa Luzerne oder Kleegras. Diese Tiefwurzler sind quasi die Aufbaukur für den Boden: Sie binden den Luftstickstoff und bauen ihn in den Boden ein, schließen Bodenphosphate auf, die so für andere Pflanzen leichter verfügbar sind, und schaffen durch ihre langen Wurzeln eine Verbindung in tiefere Bodenschichten. „Die dicken Wurzeln werden mit der Zeit hohl und bilden ein regelrechtes Wasser-Abführsystem in die Tiefe. Außerdem bringen sie Nährstoffe aus den tiefen Schichten nach oben. Das ist die Verbindung des fruchtbaren Oberbodens in die Tiefe hinein“, erklärt Andreas Backfisch. „Bei uns im Gemüseanbau haben wir momentan einen Sechsjahresrhythmus, jeweils drei Jahre Leguminosen, dann wieder drei Jahre verschiedene Gemüsesorten. Wie man da genau vorgeht, ist von Biobauer zu Biobauer sehr individuell, das hängt auch von den angebauten Früchten ab. Manche Sorten brauchen fünf bis sechs Jahre andere Früchte, bis sie erneut am selben Standort gesund angebaut werden können.“

Humusreiche Böden als Ziel

Im besten Falle hat sich am Ende eines Fruchtfolgezyklus der Humusgehalt vergrößert. Andreas Backfisch hat es sich zum Ziel gesetzt, am Ende eines Fruchtfolgezyklus mehr Humus im Boden haben als vorher. Denn mehr Humus heißt: mehr Nährstoffe und mehr Wasseraufnahme.

Gern gesehener Gast im Ökolandbau: der Regenwurm

Und selbstverständlich mehr CO2-Bindung. Das Thema spielt gerade bei Lieferbetrieben wie den Ökokistlern eine wichtige Rolle. Andreas Backfisch etwa sieht in einem vermehrten Humusaufbau die Chance, innerbetrieblich verursachte CO2-Emissionen zu kompensieren.

Gern gesehen: Der Regenwurm

Bei der Bodenpflege gibt es einen wichtigen Verbündeten, den Regenwurm. Er steht sinnbildlich für einen fruchtbaren Boden. Leben auf einem Acker ausreichend Regenwurm-Populationen, graben sie ihn im Laufe eines Jahres einmal komplett um. Und nicht nur das: Regenwürmer schaffen eine wichtige Verbindung aus Mineralischem und Organischem, indem sie beides fressen und wieder ausscheiden. Regenwurmkot ist unbezahlbar für einen Bio-Acker, weil er sehr regenstabil ist und dabei viel Wasser aufnimmt. Sind viele Regenwürmer da, geht es dem Boden gut. Backfisch: „Wirklich fruchtbar wird dein Boden nur, wenn du es schaffst, genügend Regenwürmer zu etablieren.“

Die Mühe wert

Bodenpflege ist viel Arbeit und erfordert jede Menge Expertise. Aber sie ist unumgänglich für einen nachhaltigen Anbau. Herbizide, Pestizide, aber auch Kunstdünger greifen massiv in die symbiotische Boden-Pflanzen-Beziehung ein. Chemische Schädlingsbekämpfungsmittel sorgen dafür, dass die Kulturpflanze stehen bleibt, alles andere töten sie ab. Die Diversität verarmt, im Boden und darauf. Mit Kunstdüngern versucht man, die Bodenpflege, das Geben und Nehmen, schlicht zu umgehen: Die Pflanzen können Nährsalze aufnehmen, ohne ihre Wurzeln in der Erde danach „strecken“ zu müssen – letztlich geht das sogar in Substraten wie Steinwolle oder Kokosmatten. Mit ernüchterndem Ergebnis: Die Pflanze wächst zwar sehr viel schneller, allerdings lagert sie vor allem Wasser ein – erkennbar an Geschmack und Textur der Frucht. Der Ertrag steigt, doch die Qualität verarmt. Ganz zu schweigen von der Diversität bei Pflanzen, Tieren und Organismen.

Bilder: Ökokiste e.V.