Verband Ökokiste e.V.: Neuer Spirit und alte Stärke

Generationswechsel bei vielen Ökokisten
 

Die Geschäftsübergabe von den älteren Gründer*innen auf die Nachfolge-Generation ist in der gesamten Bio-Branche ein wichtiges Thema. Viele Pioniere erreichen innerhalb der kommenden zehn Jahre das Rentenalter und so stellt sich die Frage, wer den Betrieb weiterführt. Das ist natürlich auch bei vielen Ökokistenbetrieben der Fall – ein Grund, mal einen Blick auf die nachrückenden Ökokistler*innen zu werfen.

Die gibt es nämlich, und zwar zahlreich und mit viel Schlagkraft. Das hat sich kürzlich auf einem Treffen der Jungen beim Ökokistenbetrieb Guidohof in Limbach/Oberfrohna gezeigt. Silke Lucht, Betriebs-Gründerin und Mutter von Paule und Konstantin, die im Betrieb bereits fest verwurzelt sind, erzählt sehr beseelt von diesem Treffen: „Ich habe keinerlei Bedenken, dass diese jungen Menschen in gemeinschaftlicher Freude Gutes in die Welt bringen werden: wertvolle Produkte für das Wohlergehen der Menschheit, mit Blick auf ein ganzheitliches, nachhaltiges Wirtschaften und das alles mit richtig guter Laune. Ist das nicht ein wunderschöner Zukunftsgedanke für uns Menschen!“

Nachwuchstreffen Guidohof

v.l.n.r. Carla Proetzel (Hof Morgentau), Konstantin und Paule Lucht (Guidohof), Matthias Achatz (Ökokiste Kirchdorf), David Baumann (Baumannshof), Hjalmar Chmielewski (Emmerts Biokiste), Xaver Wiethaler (Ökokiste DonauWald), Ruth Firsching (Boßhammersch Hof), Josefine Schulze Buschhoff (Ökullus), Hjördis Chmielewski (Emmerts Biokiste), Katharina Schulze Buschhoff (Ökullus), Philipp Elger und Christian Frenzel (Hof Mahlitzsch)

Job mit Sinn

Tatsächlich entsteht da bei den Ökokisten gerade etwas richtig Gutes: Die nachfolgende Generation besteht hier vor allem aus den Kindern der Pioniere von einst. Ihre Eltern haben in der Regel in den 80er-Jahren ihren Bio-Betrieb begründet, viele von ihnen als Öko-Gärtner*innen oder Landwirt*innen.

Konstantin und Paule Lucht vom Guidohof

„Für mich war es das Normalste der Welt, auf dem Guidohof aufzuwachsen – erst durch meine Lehre im Handwerk ist mir bewusst geworden, wie sehr mir der Ort doch am Herzen liegt“, sagt Konstantin Lucht vom Guidohof. Und mit dieser Erfahrung steht er bei den jungen Ökokistler*innen nicht allein: Bio, der Ökolandbau und die entsprechende Wertebasis waren schon immer selbstverständliche Teile ihres Lebens. Marion Winkler, die in den Betrieb Wino Bio eingestiegen ist, den ihre Eltern gegründet haben, erklärt ihre Gründe dafür: „Ich bin selbst auf dem Biohof aufgewachsen und nachdem ich ein Jahr von zu Hause weg war, ist die Idee gereift, den Hof meiner Eltern weiterzuführen. Bereits mit Bio-Milch gefüttert, bin ich von Anfang an überzeugt davon, dass eine zukunftsfähige Welt nur mit einer enkeltauglichen Landwirtschaft funktioniert. Und das ist für mich die biologische Landwirtschaft. Mit der eigenen Arbeit diesem Ziel näher zu kommen, ist eine Bereicherung und ergibt jeden Tag einen Sinn. Ich kann mit meiner Arbeit sehr viel bewegen, in der Region, für meine Mitarbeiter*innen. Den Kund*innen gibt es eine Möglichkeit regional einzukaufen. Denn es ist nicht gut, wenn wir Wenigen unsere Wertschöpfungskette für Lebensmittel überlassen.“

Marion Winkler

Marion Winkler von WINO Biolandbau

Verantwortung für die Zukunft

Jede Generation ist geprägt von den Herausforderungen ihrer Zeit und so gehören die kommenden Ökokistler*innen zu einer Jugend, die massiv mit dem Klimawandel, dem Artensterben, der Zerstörung der Böden und der Vermüllung der Meere konfrontiert ist. Hier einen aktiven sinnstiftenden Beitrag zu leisten, ist das, was jede und jeden Einzelnen von ihnen motiviert hat, ins elterliche Unternehmen einzusteigen.

David Baumann vom Baumannshof

David Baumann, der den landwirtschaftlichen Betrieb Baumannshof von seinem Vater Wolfgang übernimmt: „Die Entscheidung, den Baumannshof weiterzuführen, habe ich aus dem Bewusstsein heraus getroffen, dass das, was wir hier tun, schlicht Sinn ergibt – und zwar auf ganz vielen Ebenen. Denn echtes Bio ist für mich viel mehr als nur ein Siegel. Es ist vielmehr eine Einstellung, dass wir alle miteinander verbunden sind. Und zwar nicht in Wertschöpfungsketten, sondern in Kreisläufen. In gewisser Weise sind wir sogar abhängig voneinander. Und es kann mir, als Person sowie als Firma, langfristig nur gutgehen, wenn ich alle Akteure inklusive der Natur einbeziehe. Echtes Bio ist für mich Verantwortung zu übernehmen. Für mich und mein Handeln.“

Marie-Luise Kohl vom Boßhammersch Hof

Marie-Luise Kohl und Ruth Firsching, Geschäftsführerinnen vom Boßhammersch Hof, empfinden das ähnlich. „Sinnmaximierung vor Gewinnmaximierung“ ist ihr Credo. „Wir wollen auch für zukünftige Generationen die Region und ihre Erzeuger*innen stärken – und für unsere Mitarbeiter*innen eine sinnstiftende Beschäftigung und Sicherheit bieten.“ Sinn über Profit – das zeichnet die gesamte junge Ökokistler-Generation aus: „Hochwertige Lebensmittel, eine besonders zukunftsweisende Landwirtschaft und ein faires Miteinander“ – das bedeutet Bio für Paule Lucht, ebenfalls vom Guidohof und dort Hauptverantwortlicher für die Landwirtschaft.

Ruth Firsching Marie-Luise Kohl

Junge Geschäftsführung am Boßhammersch Hof: Marie-Luise Kohl mit Ruth Firsching, der Tochter der Betriebsgründer

Erfahrungsreichtum und Zukunftsfähigkeit

In dieser neuen Generation vereinen sich verschiedene Kräfte zu neuer Stärke, die große Hoffnung für die Zukunft macht: Als zweite Generation nach den Pionieren können diese Jungen von den Erfahrungen ihrer Eltern profitieren und haben sie in den meisten Fällen auch noch an ihrer Seite, da die Betriebe sehr nachhaltig und über Jahre hinweg übergeben werden. „Ich bin sehr froh, dass ich auf den Wissensschatz meiner Eltern und auch auf den von langjährigen Mitarbeiter*innen zurückgreifen kann. Allein durch die individuelle Persönlichkeit unterscheidet sich bereits der Führungsstil. Jeder setzt seine eigenen Schwerpunkte“, so Marion Winkler.

Die jungen Ökokistler*innen leben die Idee Bio seit jeher – gleichzeitig sind sie geprägt von einer Zeit, die neue Herausforderungen verschiedenster Art an sie stellt. Und in der sie gelernt haben, zeitgemäße Antworten zu entwickeln. Der Verband kann von solchen tatkräftigen und besonderen Menschen nur profitieren. Oder wie Silke Lucht es ausdrückt: „Sie arbeiten miteinander und nicht gegeneinander.“ Als Vision kann das im Kleinen wie im Großen gelten.

Deckers Biokiste

„Für uns stand nie zur Debatte den Betrieb nicht weiterzuführen. Wir glauben an das Konzept Bio und Erzeugernähe, stehen hinter der Philosophie des ökologischen Anbaus und freuen uns sehr über die Chance, das auszubauen, was die Familie als Basis erschaffen hat. Die Zeiten haben sich geändert, es wird mehr auf die Gesundheit, auf gute Ernährung geachtet, trotz Inflation sind die Menschen bewusster geworden. Hierbei einen Beitrag zu leisten, beim Umstellen auf biologischen Anbau mitzuwirken, den Menschen in der Region und auch über die Region hinaus gutes Essen zu liefern und anzubieten, das erfüllt uns sehr.“

Christoph Decker und Leonie Schittenhelm, Deckers Biohof

 

Bilder: Verband Ökokiste e.V. / Deckers Biohof / Boßhammersch Hof / Baumannshof /Guidohof /Wino Bio